1935/36

Mit dem „Sausewind“ nach Wismar

Mit einem Gesellschaftsspiel begann der OSV die neue Spielzeit. Concordia Wandsbek erfüllte am 18. August im Rahmen der 6. Turn- und Sportwoche eine alte Rückspielverpflichtung. Die Oldesloer siegten mit 2:0, die Reserve behielt gegen die zweite Vertretung der Concorden mit 5:1 die Oberhand. Für die Reserve waren aufgeboten: Stapelfeld - Peters, Meyer - Michels, Meinke, Witt - Behre, Schulze, Möller, Lehrmann, Feddern - Ersatz: Botje, Dubsiaff.

Kurios verläuft der Auftakt der Punktspiele. Das erste Spiel gewinnt der OSV In Lübz mit 9:1, das zweite Spiel gegen Eutin 08 wird vom Spielplan abgesetzt. „Die beiden ersten Spiele haben leider nichts eingebracht. Die Lübzer sind auf ihren Antrag der Oststaffel zugeteilt worden. Der OSV ist damit die Punkte, die kostbaren acht Plustore (wer weiß, ob es das noch einmal wiedergibt) endgültig - und sein Geld vorläufig los. Die Eutiner haben es vorgezogen, freiwillig in die Kreisklasse abzusteigen, um sich nicht erst in der Bezirksliga spielerisch und finanziell zu ruinieren. Die Weststaffel ist somit auf acht Vereine reduziert.“

In den folgenden Spielen kämpft der OSV mit unterschiedlichem Erfolg. Am 13. September gewinnt er nach hartem Kampf auf dem Exer gegen Germania Wismar mit 2:1. Beide Mannschaften vergaben einen Elfmeter. „Zum Schluß waren alle froh, daß die Sache ein Ende hatte.“

Dem 3:3 beim Lübecker SV folgte am letzten September-Sonntag eine nicht unverdiente 0:2-Niederlage beim mecklenburgischen Altmeister Schwerin 03, der die Schwächen des OSV schonungslos aufdeckte.

Kock, Paul Drews, Schlüter und Grote fehlten am 6. Oktober gegen den FC Grevesmühlen, und trotzdem beherrschte der OSV das Spielgeschehen über weite Strecken. Zwei dumme Abwehrfehler ermöglichten den Mecklenburgern eine frühe 2:0-Führung. Danach spielte sich alles in deren Strafraum ab, den Oldesloern gelang lediglich ein Elfmeter-Tor zum 1:2. Ein zweiter Strafstoß wurde vergeben.

Die dritte Niederlage in Folge setzte es am 13. Oktober beim SV Neustadt-Glewe. Der vorjährige Meister der mecklenburgischen Bezirksstaffel war den Oldesloern noch in unangenehmer Erinnerung, denn vor zwei Jahren, der OSV stand kurz vor der Meisterschaft, wurde er dort mit 7:0 auseinandergenommen. Nun, es kam nicht zu einem neuen Kantersieg. Neustadt-Glewe mußte sich strecken, um 3:2 zu gewinnen.

Eigentümliches passierte am 20. Oktober in Lübeck. Das Spiel der OSV-Reserve (Dubslaff - Eggers, Meyer - Hack, Meinke, Michels - Behre, Witt, Andresen, Lehrmann, Schlicht) gegen Ruka Lübeck mußte zehn Minuten vor Schluß beim Stande von 0:0 abgebrochen werden, weil zwei Bälle unbrauchbar geworden und ein dritter nicht zur Verfügung stand.

In den festlich geschmückten Sälen des „Tivoli“ feierte der OSV am 26. Oktober sein 33. Stiftungsfest. „Die Ausführungen des Vorsitzenden über die Bedeutung des Sports für die Volkserziehung, dem vom 1. Januar 1936 von oben herab noch weit stärkerer Einfluß auf eine Volksgemeinschaft beigelegt werden wird, klangen aus in ein begeistert aufgenommenes „Sieg Heil“ auf unseren Führer.
Bevor der Tanz begann, wurde den Sportgenossen Stapelfeld, Feddem, Witt und Schmidt, die zur Reichswehr eingezogen werden, vom Vorsitzenden in launiger Weise je ein Brustbeutel zur ständigen Erinnerung an den OSV überreicht.“

Im November kommt der OSV zu zwei verdienten Erfolgen. Dem jederzeit ungefährdeten 4:1 über den Neuling MTV Ratzeburg folgt zum Abschluß der Herbstserie auf dem Exer ein 2:1 gegen den VfL Schwerin.

Mit dem neuen 32sitzigen Omnibus „Sausewind“ machte sich der OSV am 5. Januar auf den Weg nach Wismar zum Spiel gegen Germania. Es sah schlecht aus für die Oldesloer, denn Linksaußen Drews humpelte schon nach wenigen Minuten verletzt vom Platz.
„Der Torwart der Oldesloer hielt die schwierigsten Sachen, hier lag der Schlüssel zum Erfolg. Nach halbstündiger Spielzeit erzielte der OSV den Treffer des Tages. Ein Eckball von rechts, getreten von Lüthje, geht unberührt ins Tor. Bis zum Schluß versuchen die Germanen, ihren Gegner in die Knie zu zwingen, aber die OSVer arbeiteten bis zum Umfallen, um den knappen Vorsprung zu halten.“

Am 12. Januar revanchieren sich die OSVer in Grevesmühlen für die im Herbst auf dem Exer erlittene 1:2-Niederlage deutlich. Mit 5:2 verlassen sie als verdienter Sieger den Platz.

Lange Gesichter dagegen gab es am 19. Januar auf dem Exer. Der Neuling Ratzeburg, im ersten Treffen mit 4:1 bezwungen und in einem Gesellschaftsspiel Anfang Dezember 7:0 deklassiert, entführt auf schneebedecktem Boden einen Punkt.
Diese Elf mußte sich mit einem mageren 1:1-Unentschieden begnügen und hat keine Aussicht mehr, entscheidend in die Meisterschaft einzugreifen: Purnhagen - Kock, Busch - Krohn, Schweim, Grote - Feddern, Schlüter, Stäcker, Lüthje, Willy Drews.

Von dieser Enttäuschung erholten sich die Oldesloer jedoch schnell. Am 26. Januar zeigten sie beim 2:1 gegen Schwerin 03 alte Kampfkraft.

„Die OSV-Maskerade war am 1. Februar wieder der Höhepunkt der Vergnügungsveranstaltungen in Oldesloe. Von 8 Uhr ab strömten die Teilnehmer nach den festlich geschmückten Räumen der „Harmonie“, so daß bald kein Platz mehr vorhanden war und auch die Nebenräume sämtlich herangezogen werden mußten.“

Den SV Neustadt-Glewe, erster Anwärter auf die Meisterschaft, konnte der OSV am 2. Februar auf dem Exer nicht gefährden. Mit einem verdienten 2:1-Erfolg festigten die Mecklenburger ihre Spitzenstellung. „Der schnelle Linksaußen Fischer erzielte den Führungstreffer. Nach der Pause konnte Stäcker aus einem fast unmöglichen Winkel heraus einen Freistoß zum Ausgleich verwandeln, aber Fischer nutzte einen Schnitzer von Purnhagen zum entscheidenden zweiten Tor aus. Leider war der Kampf in der zweiten Halbzeit recht hart, so daß zwei Oldesloer und ein Neustädter Spieler das Feld verlassen mußten. Stäcker war schon bald nach Beginn verletzt worden und konnte auf dem Rechtsaußen-posten lediglich als Statist mitwirken.

Stäcker war am 23. Februar schon wieder gesund und führte seine Mannschaft zum 5:4 gegen den im Abstiegskampf stehenden Lübecker SV.

„Der OSV, er zählt 236 Mitglieder, darunter 58 passive und 90 jugendliche Mitglieder, hielt am 24. Februar im „Central-Cafe“ unter Leitung des Oberturnlehrers Ohrt eine sehr gut besuchte außerordentliche Monatsversammlung ab.
Besonders reges Interesse erweckte die Mitteilung des gänzlichen Umformens des Exers, die mit der am sportlichen Wesen ebenso interessierten Stadtverwaltung noch in Angriff genommen werden soll. Danach wird der Exer bis ziemlich dicht an das jetzige Jugendherbergsgebäude erweitert. In seinen Ausführungen bemängelte der Vereinsführer dann die schwache Mitarbeit der sportlich durchgebildeten Lehrkräfte an den Bestrebungen des OSV.
Der Kassenbericht, vom Kassenwart Dimpker erstattet, wies durchaus gesunde Kassenverhältnisse nach, so daß diesem wie dem gesamten Vorstand Entlastung erteilt werden konnte.
Der zweite Punkt betraf eine eingehende Besprechung des Zusammenschlusses des OSV mit dem Männerturnverein von 1862. Letzterer hätte seine Bereitwilligkeit zu einem Zusammenschluß mitgeteilt. Die Versammlung gab ihrer Meinung in ihrer Gesamtheit dahin Ausdruck, daß sie gern bereit ist, den Männerturnverein nach seiner Auflösung in seine Gliederung aufzunehmen, wobei ihm seine volle turnerische Betätigung zugesichert wurde. Der Führerring des OSV wird in Kürze die erforderlichen Verhandlungen unter Berücksichtigung der vom Reichsbund für Leibesübungen ergangenen Bestimmungen mit dem Männerturnverein aufnehmen.“

Im Pokalwettbewerb mußten die Oldesloer am 8. März in Schwerin bei 03 antreten. Nach einem zweistündigen Ringen triumphierten sie mit 2:1 über die Mecklenburger. Beim Schluß der regulären Spielzeit hatte es unentschieden 1:1 gestanden.
„In der Verlängerung zeigte sich das bessere Stehvermögen der OSVer, die Schweriner bauten zusehends ab. Mitte der zweiten Halbzeit verhängte der Schiedsrichter aus nicht ganz erklärlichen Gründen einen Elfmeter gegen den 08V, der von den Schwerinern verschossen wurde. Der Rest der Spielzeit gehörte dem OSV. Eine Minute vor Schluß konnte Schlüter durch einen schönen Schuß aus 20 Metern Entfernung unter dem Jubel der wenigen Oldesloer Schlachtenbummler den Sieg herstellen.“

Das nächste Pokalspiel gewann der OSV am 15. März in Bad Oldesloe gegen den nur mit zehn Mann erschienenen MTV Ratzeburg glatt mit 6:1 Toren. Bester Mann im Angriff war der Halbrechte Eggers.

Im letzten Punktspiel gab es am 22. März gegen den VfL Schwerin noch eine 1:3-Niederlage. Die Mecklenburger setzten sich besser ein, wollten etwas für ihr ramponiertes Ansehen tun.

Der weite Weg ins Mecklenburger Land lohnte sich für den OSV auch am 5. April nicht. Er schied gegen den SV Neustadt-Glewe peinlich mit 3:9 aus der Pokalrunde aus.

Wichtigster Teil der Tagesordnung der außerordentlichen Mitgliederversammlung, die der OSV am 27. April in der „Sportzentrale Knickrehm, Brunnenstraße“ durchführte, war „Namensänderung und Zusammenschluß mit dem Männerturnverein von 1862 Er löste eine längere Aussprache aus. Durch Stimmzettel wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, daß der OSV den Männerturnverein gern in seinen Reihen aufnimmt, aber nur unter der Bedingung, daß der Name „Oldesloer Sportverein“ bestehen bleibt.

Dieses blieb nicht lange unwidersprochen. In seiner Sitzung am 19. Mai war der Turnrat des Männerturnvereins einstimmig gegen die Forderung, den im nächsten Jahre sein 75jähriges Bestehen feiernden Männerturnverein von 1862 aufzulösen und in den Oldesloer Sportverein zu überführen. Einem Zusammenschluß auf gleicher Grundlage steht der Männerturnverein nach wie vor bejahend gegenüber.

Das Fußballtraining steht inzwischen unter der energischen Leitung von Ernst Kindt.

Zum Abschluß der Saison spielte die Gauliga-Mannschaft der Sportvereinigung Polizei Lübeck auf dem Exer gegen den OSV. Ohne übermäßige Anstrengungen wurden die Oldesloer sicher mit 5:0 niedergehalten. „Vor dem Wechsel erzielte Clasen zwei Tore. Nach der Pause trugen sich Buthmann (2) und Holm in die Liste der Torschützen ein.“
Auf den bekannten blauen Plakaten wurde der Großkampf dieser Mannschaften angekündigt - OSV: Purnhagen - Kock, Wolherr - Krohn, Schweim, Grote - Karlhuber, Düllmann, Stäcker, Schlüter, Lehrmann; Polizei Lübeck: Schmolt - Bannow, Wöbke - Haacks, Clasen, Thron - Steffens, Röltgen, Holm, Buthmann, Schröder.

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