Dienstag, 3. April 1945

Obergefreiter Christoph Axt, geboren am 21. Mai 1912, ist in einem Feldlazarett im Osten gestorben. wp

 

Dienstag, 24. April 1945

Bombenangriff auf Bad Oldesloe

Über 700 Menschen werden getötet, mehr als 300 Gebäude zerstört und beschädigt. Am 2. Mai wird die Stadt kampflos an die Briten übergeben. wp

 

Dienstag, 8. Mai 1945

Der Krieg ist vorüber!

Bedingungslose Ergebung aller deutschen Streitkräfte

Die Völker aller Nationen feierten den alliierten Sieg, den König Georg von England einen vollständigen und überwältigenden Sieg genannt hat. Deutschland hat vor Großbritannien, den Vereinigten Staaten und Rußland bedingungslos kapituliert. Die bedingungslose Kapitulation Deutschlands wurde in der Nacht vom Sonntag zum Montag um 2.41 Uhr in Reims in einem kleinen roten Schulhause unterzeichnet, in dem sich General Eisenhowers Hauptquartier befand. Generaloberst Alfred Jodl und Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg unterschrieben für das Deutsche Reich und Generaloberst Jodl sagte: „Mit dieser unserer Unterschrift sind das deutsche Volk und die deutsche Wehrmacht auf Gnade und Ungnade den Siegermächten in die Hand gegeben.“ Entsprechend den Vereinbarungen zwischen den drei Großmächten gab der britische Premierminister Winston Churchill gestern nachmittag um 3 Uhr über den Rundfunk eine offizielle Erklärung ab. Englands König sprach um 9 Uhr zu den Völkern des britischen Weltreiches und der britischen Völkerfamilie.

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sprach zur gleichen Zeit wie Premierminister Churchill, und die Oberhäupter vieler Nationen richteten sich zu dieser weltgeschichtlichen Stunde an ihre Völker.

HAMBURGER NACHRICHTEN-BLATT vom 9.5.1945

 

Donnerstag, 10. Mai 1945

Waffenruhe in Europa

König Georg VI. sprach am Dienstagabend zu den Völkern des Empires. Er sagte in seiner Ansprache unter anderem: „Ich spreche zu Euch aus London, das die Narben des Krieges trägt, und bitte Euch, sich mit mir im Dankgebet zu vereinigen. Deutschland, das ganz Europa in den Krieg stürzte, ist niedergeschlagen. Im Fernen Osten müssen wir den Kampf gegen Japan noch durchführen. Das wird mit äußerster Entschlossenheit und mit aller uns zur Verfügung stehender Kraft geschehen.

Aber in dieser Stunde, da die düsteren Schatten des Krieges von den Heimstätten unserer Bevölkerung genommen sind, können wir einen Augenblick rasten, um uns vor Gott zu neigen. Aber dann müssen wir an die Aufgaben denken, die noch vor uns liegen. Unser Dank gebührt in diesem Augenblick vor allem jenen, die nicht mehr zu uns zurückkehren. Wir müssen auch all denen danken, die in der Heimat im Dienste des Vaterlandes standen. In stolzer Dankbarkeit gedenken wir unserer Armee, die den Sieg für uns errungen hat. Laßt uns in dieser Stunde des Sieges darüber nachdenken, daß wir in fast sechs Jahren des Leides dem größten Widerstand standgehalten haben. Wenn wir uns fragen, was uns die Kraft dazu gab, dann war es das Bewußtsein, daß es nicht allein um uns ging, um unsere Freiheit, um unsere Unabhängigkeit, ja um unseren Fortbestand als Nation, sondern daß wir die Freiheit der ganzen Welt verteidigten, daß unser Sieg der Sieg jener Welt ist, die die Idee der Freiheit und die Sache der Gerechtigkeit anerkennt.

Auf uns richteten sich die Hoffnungen all jener europäischen Völker, die ihrer Freiheit beraubt wurden. Ihre Hoffnung war unsere Hoffnung, ihr Vertrauen stärkte unseren Glauben. Wir wußten, sollten wir wanken und schwach werden, dann würde das letzte Bollwerk gegen eine weltweite Tyrannei zusammenbrechen. Aber wir wankten und wir wichen nicht. Laßt uns unseren Blick jetzt den vor uns liegenden Aufgaben zuwenden und sie mit dem gleichen Vertrauen in Angriff nehmen. Schwere Arbeit erwartet uns, Arbeit bei der Wiedergutmachung der Wunden, die uns geschlagen sind, bei der Wiedererrichtung von Frieden und Gerechtigkeit in einer Welt, die in ihren Grundfesten erschüttert ist.

Ein tiefer Trost liegt in dem Gedanken, daß die dunklen Jahre der Gefahr, in denen unsere Kinder aufwachsen mußten, für immer zu Ende sind. Dafür, sei Gott unser Dank! Wir würden unsere Aufgabe nicht erfüllt haben und das Blut unserer Lieben würde umsonst geflossen sein, wenn der Sieg nicht zu einem dauernden Frieden führen würde, einem Frieden der Achtung und Gerechtigkeit. Auf diesen Frieden soll sich unser Blick richten an diesem Tage eines berechtigten Triumphes und stolzer Trauer. Wenn wir jetzt alle wieder an die Arbeit gehen, dann soll es in dem Entschluß sein, eine Welt zu schaffen, die wir ersehnt haben für unsere Kinder und für uns.“

NACHRICHTENBLATT DER BRITISCHEN MILITÄR-REGIERUNG vom 10.5.1945

 

Donnerstag, 10. Mai 1945

Täglich Plakatsäulen beachten!

Die Militärregierung hat eine Anzahl wichtiger Bekanntmachungen und Gesetze erlassen, die an den Plakatsäulen angeschlagen sind. Es ist dringend erforderlich, daß die Bevölkerung diese Anschläge in vollem Wortlaut zur Kenntnis nimmt und auch weiterhin die Plakatsäulen auf neue Anordnungen hin täglich beobachtet. Aus den bisherigen Bekanntmachungen ergeben sich neue Verhaltensmaßregeln. …

  • Auflösung der NSDAP

Durch Gesetz der Militärregierung ist die NSDAP mit sämtlichen ihr angeschlossenen Organisationen aufgelöst worden.

  • Ausweiskarte

Jedermann hat ständig seine behördliche Personalausweiskarte bei sich zu tragen und sie auf Verlangen vorzuzeigen.

Alle durch Aushang bekanntgegebenen Gesetze und Anordnungen müssen sorgfältig befolgt werden. Verstöße werden gerichtlich verfolgt und geahndet, wobei in bestimmten Fällen Bestrafungen bis zur Todesstrafe vorgesehen sind. Deshalb: täglich die Plakatsäulen beachten!

NACHRICHTENBLATT DER BRITISCHEN MILITÄR-REGIERUNG vom 10.5.1945

 

Dienstag, 15. Mai 1945

Ein Appell der Militärregierung

Auf die dringende Notwendigkeit der weiteren Entwicklung der Landwirtschaft im Lübecker Raum und dessen Umgebung wird von der Alliierten Militärregierung jetzt mit besonderem Nachdruck hingewiesen. Obgleich die gegenwärtige Ernährungslage mindestens für die nächsten Wochen nicht ungünstig erscheint, würde, so äußert sich ein Vertreter der Militärregierung, eine empfindliche Knappheit im kommenden Winter eintreten, wenn während der nächsten Monate nicht das Äußerste aus allen Ländereien herausgeholt wird. Die Militärbehörden fordern deshalb die Bauern und Landarbeiter auf, sich mit aller Kraft einzusetzen. Es wird auch darauf hingewiesen, daß ein freiwilliger Einsatz zur Verstärkung der auf dem Lande Schaffenden dringend erforderlich ist. Besonders wichtig ist die äußerste Sparsamkeit mit Treibstoffen. Auch die Kohlenvorräte sind knapp und jede nur mögliche Sparmaßnahme muß angewendet werden. Die Entwicklung auf dem Gebiete der Stromversorgung wird dagegen von der Militärregierung als günstig betrachtet. Treibstoff für den Transportverkehr ist aber ebenfalls nur begrenzt vorhanden. Alle verfügbaren Ziviltransportmittel werden für besonders wichtige Zwecke benötigt, was zu einer starken Anspannung des Treibstoffverbrauchs geführt hat. Große Mengen von Kleidung werden an die Tausende von Fremdarbeitern im Lübecker Raum verteilt. Besonders mangelt es in dieser Hinsicht den russischen Arbeitern. An diese ist bisher bereits eine große Anzahl von Kleidungsstücken ausgegeben worden.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 15.5.1945

 

Dienstag, 15. Mai 1945

Ausgehverbot

Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß von 21 bis 6 Uhr Ausgehverbot besteht. Jedermann, der sich ohne besonderen Ausweis innerhalb dieser Zeit auf der Straße aufhält, wird festgenommen. Alle Einwohner der Hansestadt Lübeck dürfen sich nur bis zu fünf Kilometer über das Stadtgebiet hinaus begeben.

LÜBBECKER NACHRICHTEN vom 15.5.1945

 

Mittwoch, 16. Mai 1945

Die heutige Lage in Lübeck

Nach zwei Wochen Besetzung

Eine Übersicht, die ein Sprecher der alliierten Militärregierung heute gegeben hat, stellt erfreuliche Fortschritte in der Verwaltung und Wiederherstellung geordneter Verhältnisse in Lübeck fest, nachdem nun zwei Wochen seit dem alliierten Einmarsch vergangen sind. Die verschiedenen Zweige der Zivilverwaltung funktionieren wie sonst, und verschiedene öffentliche Dienststellen sind in Betrieb.

Die Aufräumung der bombenbetroffenen Stadtteile ist wieder aufgenommen worden und in gutem Fortschreiten. Arbeitstrupps, verstärkt durch deutsche Kriegsgefangene, sind für diese Arbeit eingesetzt.

Der amtliche Sprecher betonte, daß auch der Fernsprechverkehr Zug um Zug wieder in Betrieb gesetzt wird. Eine Zeitung der Militärregierung trägt täglich die neuesten Nachrichten aus aller Welt und auch die amtlichen Bekanntmachungen der Behörden in jedes Haus. Die Bankinstitute sind ebenfalls offen für den Geschäftsverkehr, und die Anlagen des Lübecker Hafens werden jetzt für die Inbetriebnahme instandgesetzt.

Auch die Transportschwierigkeiten werden allmählich überwunden. Alle deutschen Transportmittel sind von der Militärregierung übernommen worden und werden jetzt zum Einsatz für lebenswichtige Zwecke fahrbereit gemacht. Wie der amtliche Sprecher noch hinzufügte, hat bereits eine Arbeitslenkungsstelle ihre Tätigkeit für den Einsatz deutscher Arbeiter aufgenommen.

Die deutsche Zivilpolizei erfüllt ihre Pflicht und hat einen Teil der zunächst von der alliierten Militärpolizei wahrgenommenen Aufgaben wieder übernommen.

Die Lage hinsichtlich der allgemeinen Gesundheitsverhältnisse in Lübeck wurde vom Vertreter der Militärregierung im großen und ganzen als günstig bezeichnet.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 16.5.1945

 

Freitag, 18. Mai 1945

Neue Erziehung der Jugend

Vom alliierten Hauptquartier wurde bekanntgegeben: In der Frage der Erziehung der deutschen Jugend sind die ersten Schritte unternommen worden. In Aachen hat der Unterricht in den vier untersten Klassen der Volksschulen begonnen, auch in allen übrigen Volksschulen soll der Unterricht beginnen. Sieben von den Alliierten herausgegebene Schulbücher sind im Gebrauch. Der Unterricht in den oberen vier Volksschulklassen wird aufgenommen, sobald die Schulbücher verfügbar sind. Der Gebrauch von nationalsozialistischen Schulbüchern ist verboten, dagegen können einige Schulbücher von vor 1933 benutzt werden, wenn sie keine militärische Tendenz haben. Die höheren Schulen werden nicht vor dem Herbst geöffnet.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 18.5.1945

 

Sonnabend, 19. Mai 1945

Ab heute ist das Reiseverbot für Zivilisten zu Fuß und per Rad innerhalb des Bezirkes von Schleswig-Holstein aufgehoben, welcher unter Kontrolle des 8. Corps Military Government liegt.

Besondere Pässe sind notwendig, a) den Kaiser-Wilhelm-Kanal zu überqueren in jeder Richtung, b) Erlaubnis, die Grenze des 8. Corps zu überschreiten.

Das Verbot, die dänische Grenze zu überschreiten, bleibt bestehen.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 19.5.1945

 

Dienstag, 22. Mai 1945

Lockerung des Reiseverkehrs

Die im Stadtkreis Lübeck sich aufhaltende deutsche und ausländische Bevölkerung darf von Lübeck aus folgende Gebiete ungehindert, auch mit Fahrrad, aufsuchen: Das Gebiet des südlichen Schleswig-Holsteins, begrenzt durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal, mit Ausnahme der Landkreise Steinburg, Pinneberg und Teile des Landkreises Rendsburg. In den nördlichen Teilen Schleswig-Holsteins – nördlich des Kaiser-Wilhelm-Kanals – kann nur mit einem Paß, der für die Überschreitung des Kaiser-Wilhelm-Kanals notwendig ist, gereist werden und auch dort nicht in die Kreise Eiderstedt, Süder- und Norderdithmarschen. Die Ausgehverbote (curfew), die örtlich erlassen sind, werden durch die Aufhebung der 5-Kilometer-Sperrgrenze und so weiter nicht berührt.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 22.5.1945

 

Donnerstag, 24. Mai 1945

Lübecker Bekanntmachungen …

Das Ausgehverbot erstreckt sich jetzt auf die Zeit von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens.

LÜBECKER NACHRICHTENBLATT vom 24.5.1945

 

Sonnabend, 26. Mai 1945

Wichtig für deutsche Soldaten

Der Oberbürgermeister der Hansestadt Lübeck gibt bekannt: Die Alliierte Militärregierung hat angeordnet. Alle Wehrmachtangehörigen, die nicht vor dem 1. April 1945 ordnungsgemäß entlassen worden sind, haben sich am Montag, dem 28. Mai 1945, nachmittags 3 Uhr, auf dem Buniamshof in Uniform und marschbereit einzufinden. Sie werden in ein Gefangenenlager überführt werden. Entlassungen, die nach den Anordnungen der Alliierten Militärregierung vorgenommen werden können, werden später vorgenommen. Von der Verpflichtung, sich auf dem Buniamshof zu melden, sind nur Wehrmachtangehörige befreit, die aus ärztlichen Gründen entlassen worden sind, weil sie nicht gehfähig sind. Nichtbefolgung dieser Anordnung wird bestraft.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 26.5.1945

 

Sonnabend, 26. Mai 1945

Ausgehverbot beachten!

Der Oberbürgermeister der Hansestadt Lübeck gibt bekannt: Die Alliierte Militärregierung hat darauf hingewiesen, daß die Bestimmungen über das Ausgehverbot genauestens zu beachten sind. Sie hat darauf hingewiesen, daß ohne Ausnahme alle Personen, die ohne Berechtigung während des Ausgehverbotes auf der Straße angetroffen würden, verhaftet werden. Außer der Verhaftung werde eine Bestrafung erfolgen. Es ergeht an die Lübecker Bevölkerung nochmals die strikteste Anweisung, im eigensten Interesse die in Ansehung des Ausgehverbots erlassenen Vorschriften genauestens innezuhalten.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 26.5.1945

 

Montag, 28. Mai 1945

Die deutschen Schulen

Vom Obersten Alliierten Hauptquartier wurde bekannt gegeben: „In der Frage der Erziehung der deutschen Jugend in den von den westlichen Alliierten besetzten Teilen Deutschlands sind die ersten Schritte unternommen worden. In Aachen hat der Unterricht in den vier untersten Klassen der Volksschulen begonnen. Auch in allen anderen Volksschulen soll der Unterricht in den vier untersten Klassen baldmöglichst beginnen. Sieben von den Alliierten herausgegebenen Schulbüchern sind im Gebrauch. Der Unterricht, in den vier obersten Volksschulklassen wird beginnen, so wie die notwendige Anzahl Schulbücher verfügbar ist. Der Gebrauch von Nazi Schulbüchern ist verboten. Schulbücher aus der Zeit vor 1933 können in einigen Fällen benutzt werden, sofern sie von jeder militärischen Tendenz frei sind. Höhere Schulen werden nicht vor dem Herbst wieder eröffnet werden.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 28.5.1945

 

Dienstag, 29. Mai 1945

Lübeck – Heute

Ein Vertreter der Militärregierung, der die allgemeine Lage in Lübeck besprach, gab bekannt, daß seit der Kapitulation der deutschen Armee großer Fortschritt in der Stadt zu verzeichnen wäre. Lübeck ist auf dem Wege zu normalem Aussehen. Aber viele Schwierigkeiten sind noch zu überwinden.

Das Transportproblem wurde energisch angepackt. Die Transportfrage wurde in vieler Hinsicht nicht zufriedenstellend gelöst. Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten an deutschen Fahrzeugen, die für wichtige Dienste gebraucht werden, werden durchgeführt. Garagen wurden für diese Arbeiten bereitgestellt.

Zur Frage der elektrischen Straßenbahn übergehend, erklärte der Sprecher, daß dieses öffentliche Verkehrsmittel wieder in Betrieb gesetzt werden würde, sobald die Stromfrage geklärt ist.

Bezüglich des Verbrauches von Strom im Haushalt sagte er, daß weiterhin betont werden müsse, Elektrizität dürfe vorderhand nur zum Betrieb von Radioapparaten verwendet werden. Für Koch- und Beleuchtungszwecke darf elektrischer Strom bis auf weiteres nicht gebraucht werden.

Gas wird nur für wichtige Dienste verwendet. Spitäler dürfen Gas für mehrere Zwecke gebrauchen, aber es kann noch nicht gesagt werden, wann es zum allgemeinen Gebrauch freigegeben wird. …

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 29.5.1945

 

Dienstag, 29. Mai 1945

Lübecker Bekanntmachungen …

Es ist Vorsorge getroffen, daß jeden Abend 8 Uhr im Drahtfunk wichtige Mitteilungen der Alliierten Militärregierung durchgegeben werden. Auch werden Bekanntmachungen des Oberbürgermeisters der Hansestadt Lübeck im Nachrichtenblatt der Alliierten Militärregierung im Drahtfunk wiederholt werden. …

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 29.5.1945

 

Dienstag, 29. Mai 1945

Das Ausgehverbot

Eine Verlautbarung der Militärregierung Lübeck warnt die Bevölkerung vor einer Verletzung der Ausgehbeschränkungen. Es sind Fälle berichtet worden, in denen solche Überschreitungen des Gesetzes vorkamen. Ein Sprecher der Militärregierung erklärte: „Wir werden dies nicht zulassen. Personen, welche sich schuldig machen, werden streng bestraft werden.“ Das Ausgehverbot ist von 9 bis 5 Uhr.

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 29.5.1945

 

Mittwoch, 30. Mai 1945

Proklamation Montgomerys

Persönliche Botschaft des britischen Oberbefehlshabers

An die Bevölkerung des britischen Besatzungsgebietes in Deutschland.

  1. Ich bin von der britischen Regierung mit der Befehlsgewalt und Kontrolle des britischen Besatzungsgebietes in Deutschland betraut worden. In diesem Gebiet waltet zunächst eine Militärregierung unter meinem Befehl.
  2. Mein unmittelbares Ziel ist es, für alle ein einfaches und geregeltes Leben zu schaffen. In erster Linie ist dafür zu sorgen, daß die Bevölkerung folgendes hat: a) Nahrung, b) Obdach, c) Freisein von Krankheiten. Die Ernte muß eingebracht werden. Das Verkehrswesen muß neu aufgebaut werden. Das Postwesen muß in Gang gebracht werden. Gewisse Industrien müssen wieder die Arbeit aufnehmen. Dieses wird für Jedermann viel schwere Arbeit bedeuten.
  3. Diejenigen, die nach internationalem Recht Kriegsverbrechen begangen haben, werden gesetzmäßig abgeurteilt und bestraft werden. Das deutsche Volk wird unter meinen Befehlen arbeiten, um das, was zum Leben der Volksgemeinschaft notwendig ist, zu schaffen und um das wirtschaftliche Leben des Landes wieder aufzubauen.
  4. In dem britischen Besatzungsgebiet sind viele deutsche Soldaten, Flieger und Matrosen. Sie werden zur Zeit in besonderen Gebieten versammelt. Die deutsche Wehrmacht sowie alle anderen bewaffneten Verbände werden entwaffnet und aufgelöst.
    Alle deutschen Soldaten, Flieger und Matrosen werden nach ihren Handwerken und Berufen gemustert. In wenigen Tagen wird damit angefangen werden, sie von der Wehrmacht zu verabschieden, damit sie mit der Arbeit beginnen können. Vorrecht in der Dringlichkeit hat die Ernte; darum werden Landarbeiter zuerst entlassen. Die Entlassung von Männern in anderen Handwerken und Berufen erfolgt, sobald es praktisch möglich ist.
  5. Ich werde dafür sorgen, daß alle deutschen Soldaten und Zivilisten mittels Rundfunk und Presse über den Fortgang der Arbeit auf dem Laufenden gehalten werden. Der Bevölkerung wird aufgetragen, was zu tun ist. Ich erwarte, daß sie es bereitwillig und wirksam tut.

Bernhard L. Montgomery, Feldmarschall, Oberbefehlshaber des britischen Besatzungsgebietes

LÜBECKER NACHRICHTEN-BLATT vom 31.5.1945

 

Mai 1945

Bilderbogen aus „jenen Tagen“

Als die englischen Panzer kamen – Vom Ausgehverbot, Schwarzen Markt und Heißgetränk

M.D. – Bei strahlendem Sonnenschein wurde die Oldesloer Bevölkerung an dem denkwürdigen 8. Mai 1945, dem Tage der Besetzung durch die Engländer, schon früh am Morgen durch lebhaften Verkehr auf den Straßen aus dem Schlaf hochgeschreckt. Die letzten Wehrmachtseinheiten und Truppenstäbe setzten sich zum Rückzug in Richtung Segeberg planmäßig ab. Bereits am Vorabend war bekannt geworden, daß die englische Panzerspitze aus Richtung Lauenburg bis zur Lübecker Autobahn bei Rümpel vorgestoßen war. Am Sehmsdorfer Weg hatte für eine Nacht sogar der Stab des ehemaligen Außenministers von Ribbentrop Station gemacht.

Auf den Straßen standen in den Vormittagsstunden Menschen in Gruppen zusammen und diskutierten die sich überstürzenden Ereignisse. „Was wird nun?“ war die bange Frage. Einige Einwohner flüchteten mit leichtem Handgepäck zu Bekannten auf die Dörfer am Stadtrand. Gerüchte schwirrten durch die Stadt. Die einen wollten wissen, daß Bad Oldesloe doch noch verteidigt werden sollte, die anderen wußten zu berichten, daß bereits für die kampflose Übergabe alle Vorbereitungen getroffen seien. Die verantwortlichen Männer versammelten sich im Stadthaus bei dem damaligen Bürgermeister Dr. Kieling. Telefonisch war man gut unterrichtet, wie weit die Engländer vorgestoßen waren. Nachdem die letzten Wehrmachtseinheiten das Stadtgebiet verlassen hatten, wurde es geradezu unheimlich ruhig in den Straßen. Die meisten Einwohner hatten sich in ihre Wohnungen zurückgezogen. Ab und zu heulten schnelle Jäger der Engländer über die Stadt.

Kurz vor 11 Uhr fuhr Bürgermeister Dr. Kieling zusammen mit Polizeileutnant Sellmann und Herrn Thalheim als Dolmetscher in einem Wagen den anrückenden englischen Panzerverbänden in Richtung Rümpel entgegen. Zum Zeichen der Übergabe hatten sie eine weiße Fahne gehißt.

Nach etwa einer halben Stunde wurde die Ruhe in den Straßen durch das Rasseln der ersten englischen Panzer abgelöst. Aus Richtung Friedhof rollten sie heran und schwenkten drohend ihre Kanonen. Dr. Kieling saß auf dem ersten Panzerwagen.

Dann ging alles sehr schnell. Auf dem Marktplatz fuhren mehrere Panzer auf, und im Stadthaus wurde die Stadt offiziell übergeben. Den Engländern wurde die Erklärung abgegeben, daß sich im Stadtgebiet keine deutschen Wehrmachtseinheiten mehr aufhielten. Trotzdem fuhren die englischen Panzer mit entsicherten Kanonen und Maschinengewehren zunächst vorsichtig durch das gesamte Stadtgebiet und gingen dann am Stadtrand in Richtung Lübeck und Segeberg in Stellung. Die Bevölkerung bestaunte zunächst die „Eroberer“ und beobachtete ihr Tun und Treiben. Eitle Freude herrschte bei den zahlreichen Fremdarbeitern, darunter Russen, Polen und Franzosen. Sie feierten ihre Befreiung gleich am ersten Abend tüchtig. Als erste Amtshandlung verhängten die Engländer die „Curfew“. Von 21 Uhr abends bis 3 Uhr morgens bestand Ausgehverbot.

In der Stadt hatte es sich auch bald herumgesprochen, daß der große Getreidesilo der Firma Ströh am Bahnhof und die Fleischfabrik Schmidt-SchoII prall gefüllt waren mit leckeren Lebensmitteln und vor allem Fleisch- und Wurstkonserven. Männer, Frauen und Kinder zogen in hellen Scharen mit Säcken, Handkarren und sogar Kinderwagen dorthin und „angelten“ sich ganze Speckseiten, Fleischkonserven und Schmalz.

Auf der Bahnstrecke in Richtung Lübeck standen mehrere lange Güterzüge. Dort gab es ebenfalls allerlei zu holen. „In einem Güterwagen gibt es neue Schreibmaschinen“, sprach sich plötzlich in der Stadt herum. Innerhalb einer halben Stunde war der Waggon „entladen“. Allerdings bemerkten die Besitzer dieser „billigen“ Schreibmaschinen bald, daß es sich in Wirklichkeit um Fernschreibmaschinen handelte, die nur große Buchstaben haben. In einem Waggon wurden lauter künstliche Zähne und Gebisse entdeckt, aber auch wertvolle Motoren, Kühlschränke und Bekleidung wurden in rauhen Mengen „organisiert“. „‚Ich habe mir zwölf blaue Marinehosen besorgt“, berichtete eine junge Dame ganz stolz. Einige Einwohner hatten sich mit Fleischkonserven so gut eingedeckt, daß sie noch drei und vier Jahre nach der Kapitulation während der Hungerjahre davon zehren konnten.

Das Leben in der Stadt nahm in den ersten Tagen nach der Kapitulation langsam wieder normale Formen an. In das ehemalige „Braune Haus“ in der Mühlenstraße zog die Militärregierung ein, und es „regnete“ die ersten Verordnungen. Alle ehemaligen Soldaten mußten sich melden, Schußwaffen waren abzuliefern. Fotoapparate wurden weggenommen. Jeden Abend um 21 Uhr rollte ein kleiner Panzer durch die Straßen und kontrollierte die Beachtung der „Curfew“. So mancher Bürger, der sich beim Heimgang verspätet hatte, wurde aufgeladen und bis vor sein Haus gefahren. Dann wurde das Überschreiten des Ausgehverbots strenger geahndet. Die Sünder wurden von einem Militärgericht im Schnellverfahren zu vier bis sechs Wochen Gefängnis verurteilt.

Die befreiten Fremdarbeiter fühlten sich als „Sieger“ und machten in den ersten Tagen das Stadtgebiet unsicher. Sie waren im „Hotel zur Krone“, auf dem Bürgerpark im Schießstand und auf dem Grundstück Klinck in der Lübecker Straße untergebracht.

Sämtliche Oldesloer Schulen waren damals Wehrmachtslazarette. Über 1000 Verwundete beherbergte Bad Oldesloe zu jener Zeit. Über Nacht mußten die schönsten und besteingerichteten Häuser im Stadtgebiet von den Bewohnern geräumt werden, um für die englischen Landser Platz zu schaffen. Das Verhältnis zwischen den Oldesloer Einwohnern und den englischen Truppen war anfangs etwas reserviert, aber nach und nach gewöhnte man sich aneinander. Es dauerte keine zehn Tage und schon konnte man die ersten Anzeichen der „Fraternisierung“ beobachten. Mit ihren Zigaretten und Schokolade waren die Tommies recht großzügig.

Am 10. Juni 1943 gab es eine große englische Truppenparade im Bürgerpark, zu der sogar Feldmarschall Montgomery erschien, um eine Ansprache an seine Soldaten zu halten. Inzwischen hatten die Engländer als ersten Stadtdirektor Herrn Engelschall und als politischen Bürgermeister den Kaufmann Otto Ahrens eingesetzt. Drei Wochen nach dem Einzug der Engländer in das Travestädtchen kam die erste Verhaftungswelle. Im Haus „Gutenberg“ hatte sich das Secret Service häuslich niedergelassen und begann mit der „Entnazifizierung“. Die Zellen im alten Amtsgerichtsgefängnis waren brechend voll. Ein gewisser Oberleutnant Harries tat sich bei diesen „Verfahren“ recht unrühmlich hervor. Sein Wirken war eines der „dunkelsten Kapitel“ nach der Kapitulation.

Allmählich begann man auch, wenn auch nur improvisiert, mit dem Wiederaufbau der teilweise zerstörten Stadt. Bei einer großen „Fensterscheibenaktion“ mußten alle Doppelfenster abgeliefert werden, damit die bombengeschädigten Wohnungen wenigstens einigermaßen dicht gemacht werden konnten. Alle Parteigenossen mußten einen Anzug abliefern. Kurz, Anordnungen oder Befehle jagten einander. Ein besonders schweres „Vergehen“ beging, wer es wagte, mit ehemaligen Wehrmachtsbekleidungsstücken zu gehen. Diese mußten gefärbt und „entmilitarisiert“ werden.

Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln auf Karten wurde immer spärlicher. Man kann sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen, wie man mit Steckrüben morgens, mittags und abends überhaupt leben konnte. Was man auf den Karten bekam, war einfach „zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“. Kein Wunder, daß sich auch in Bad Oldesloe bald ein lebhafter Schwarzer Markt entwickelte. Die Displaced Persons, die mit Lebensmitteln und Care-Paketen reich gesegnet waren, sorgten für Nachschub, und die Preise für Butter, Kaffee, Kakao, Schokolade, Schmalz oder andere Lebensmittel kletterten sehr schnell. Anfange konnte man eine englische Zigarette, die als Grundlage für die „Schwarzmarktwährung“ diente, noch für 2,00 RM kaufen, aber schon bald kostete sie 5,00 oder sogar 8,00 bis 10,00 RM. Auch die Tauschgeschäfte liefen in recht großem Umfrage an. Es wurde, einfach alles gegen alles getauscht. Die Landwirte konnten sich vor Angeboten überhaupt nicht mehr wehren. In den Geschäften gab es zunächst lediglich nur Aschbecher, Lesezeichen, Leuchter, bemalte Kacheln und Lampenschirme aus Papier. In den Oldesloer Gaststätten konnte man sich am Heißgetränk, einer Art Braunbier oder Limonadenersatz laben. Es war erstaunlich, wie es die Einwohner immer wieder fertigbrachten, neben den kargen Rationen noch etwas zusätzlich anzuschaffen.

Nach und nach kamen auch die ersten Einwohner aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause. Viele ehemalige Soldaten hatten die Gefangenschaft geschickt umgangen und .waren auf Schleichwegen heimgekehrt. Sie mußten sich auf Grund einer Anordnung der Militärregierung bei besonderen Erfassungsaktionen melden und wurden nachträglich ordnungsgemäß in Bargteheide entlassen.

Diese „bunten Bilder aus jenen Tagen“ sollen heute nach zehn Jahren daran erinnern, wie es damals zuging. Niemand hätte es damals für möglich gehalten, daß es schon in einer so kurzen Zeitspanne möglich sein würde, aus den Bombentrümmern wieder eine blühende, aufwärtsstrebende Stormarner Kreisstadt aufzubauen. Wenn man heute durch die neuaufgebauten Stadtteile geht oder die Schaufensterpracht der Innenstadt bewundert, sollte man sich doch einen Augenblick daran erinnern, daß hier auch einmal – es ist noch gar nicht so lange her – bitterste Not herrschte und die Einwohner unserer Stadt in jener „wilden“ Zeit oft vor Hunger nicht in den Schlaf kommen konnten.

STORMARNER TAGEBLATT vom 7.5.1955

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