Die Jahre 1943 bis 1945
Das Ende allen Sports
Nach vier Jahren Krieg haben die Menschen für den Sport nur noch wenig Sinn. Zu wichtig ist das Überleben in einem Land geworden, dessen Machthaber seinem Volk mittlerweile alles abverlangt. Trotzdem bemüht sich der VfL Oldesloe, wenigstens die Jugend noch durch Sport zu beschäftigen und meldet zwei Fußballmannschaften. Da mittlerweile auch kaum noch A-Jugendliche zur Verfügung stehen, beschränkt man sich auf die Meldung einer B- und einer C-Jugendmannschaft.
Doch die äußeren Verhältnisse machen einen geregelten Spielbetrieb unmöglich. Am 7. November 1943 erscheint wenigstens der LSV Gut Heil zu zwei Freundschaftsspielen auf dem Exer. Der VfL gewinnt beide. Die C-Jugend siegt mit 10:0, die B-Jugend mit 4:0.
Die Freude über sportliche Erfolge wird jedoch vom Alltag erstickt. Zu groß ist die Sorge um die an den Fronten kämpfenden Vereinskameraden. Ende 1943 verliert Erwin Rommel Nordafrika und wird abgelöst. Die Schlinge um die deutschen Truppen beginnt, enger zu werden.
Durch die immer geringer werdende Zahl von Mannschaften erklärt der Bannfachwart, die C- und die B-Jugendmannschaften in einer Staffel zusammenfassen zu wollen. Doch auch diese Absicht scheitert.
Immer mehr Vereine schließen sich zu Kriegsspielgemeinschaften (KSG) zusammen. Spieler die überzählig sind, müssen sofort freigegeben werden, um anderen Vereinen, die die erforderliche Zahl nicht zusammenbringen, zu helfen.
Um den zunehmend mehr zurückkehrenden Kriegsversehrten eine sportliche Perspektive zu bieten, führt der NSRL das Versehrtensportabzeichen ein.
Im Frühjahr 1944 wird Sport praktisch nur noch von der Hitlerjugend (HJ) und dem Bund deutscher Mädel (BDM) angeboten.
Trotzdem beginnen am 23. April 1944 die Bannmeisterschaften. In Ahrensburg trifft der Bann Stormarn auf den Bann Neumünster und gewinnt. Das Ergebnis ist leider nicht bekannt.
In der zweiten Runde der Bannmeisterschaften kommt es auf dem Exer in Bad Oldesloe zu einem Aufeinandertreffen der Fußballmannschaften der Banne Stormarn und Kiel. Wieder siegt Stormarn. Diesmal mit 2:1.
Damit hat sich der Bann Stormarn für die dritte Runde qualifiziert, in der am 4. Juni 1944 der Bann Eutin auf dem Exer erscheinen soll. Die Eutiner treten jedoch nicht an. Für den VfL Oldesloe, eigentlich für die nächste Runde qualifiziert, enden die Bannmeisterschaften damit ebenso, wie für alle anderen Vereine, denn an Sport ist nun kaum noch zu denken. Am 6. Juni 1944 landen die Alliierten in Frankreich und rücken fortan auf Paris vor.
Der Sport wird zur Nebensache, obwohl einige unentwegte Fußballfunktionäre noch versuchen, einen Spielbetrieb für Kleinfelder zu installieren und hierfür extra ein Regelwerk entwerfen.
Die Sportler des VfL begreifen, daß der Krieg eigentlich schon verloren ist und müssen sich nun umso mehr um die Sicherheit ihrer Familien sorgen. Nicht wenige sind daher tief enttäuscht, als sie am 20. Juli 1944 hören müssen, daß das Attentat, welches Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit einigen Getreuen auf Hitler verübt hatte, gescheitert ist.
Der Realität zum Trotz, verkündet der stellvertretende Reichssport-führer Breitmeyer am 31. Juli 1944: „Unter dem Eindruck des unfaßbaren Attentats erneuert der deutsche Sport mit seinen fünf Millionen Männern und Frauen, deren größter Teil an den Fronten kämpft oder im kriegswichtigen Einsatz steht, in tiefer Ergriffenheit das Bekenntnis seiner Liebe und das Gelöbnis unwandelbarer Treue zu Ihnen, mein Führer.“
Am 10. September, die Alliierten haben mittlerweile Paris befreit, kommt es noch einmal zu zwei Fußballspielen auf dem Exer. Die VfL-Jugend empfängt Reichsbahn Hamburg. Während die B-Jugend mit 3:2 gewinnt, unterliegt die C-Jugend mit 0:2. Während die Alliierten an allen Fronten in Richtung Berlin vorrücken, erklärt Arno Breitmeyer noch einmal, daß der Sport zur Stärkung der Wehr- und Schaffenskraft des Volkes unerläßlich ist und deshalb auf keinen Fall darauf verzichtet werden sollte. Viele Vereine, so auch der Luftwaffen SV Travemünde, lösen sich auf. Die Schergen des Führers üben sich in Durchhalteparolen, während die Alliierten den Rhein überschreiten.
Am 15. Dezember 1944 ruft die Stormarnsche Zeitung den Volkssturm, das letzte Aufgebot des Führers, dazu auf, die Wehrbereitschaft durch Leibesübungen zu erhalten: „Je härter die Anforderungen der Zeit werden, umso bewußter und uneingeschränkter treten wir in den Dienst des totalen Krieges. ... Leibesübungen sollen ein Kraftquell für das Volk bleiben.“
Der VfL Oldesloe versucht, diesen Aufrufen Rechnung zu tragen und empfängt auch im sechsten Kriegsjahr noch Gegner zu Freundschaftsspielen.
Am 17. Dezember gewinnt die B-Jugend gegen die Ordnungspolizei Lübeck mit 10:0, während die C-Jugend gegen den gleichen Gegner mit 1:2 unterliegt.
Abgesehen von Norwegen und Dänemark hat Deutschland mittlerweile alle eroberten Gebiete verloren, trotzdem ruft Dr. Ritter von Halt, Geschäftsführer des Reichssportführers am 6. Februar 1945 die Sportvereine noch dazu auf, das gesamte Sportmaterial zu erfassen und der kämpfenden Front zur Verfügung zu stellen.,, Wenn es um die letzte Entscheidung geht und der Sieg gesichert werden soll, dann muß alles eingesetzt werden.“ So sollen die Vereine, denen ohnehin fast nichts geblieben ist, Knieschützer, Pullover, Pulswärmer und alles sonstige in ihrem Besitz befindliche Material dem Volksopfer zur Verfügung stellen.
Der VfL Oldesloe trotzt allen Widrigkeiten und gibt selbst am 13. März noch bekannt, daß er sein Fußballtraining wieder aufnehmen will.
Eine Woche später begeht Adolf Hitler im Führerbunker Selbstmord. Admiral Dönitz wird sein Nachfolger als Oberbefehlshaber der Wehrmacht.
Eigentlich ist schon alles vorbei, doch trotzdem wird Bad Oldesloe noch Ziel alliierter Bombenangriffe. Am 24. April werden der Bahnhof und große Teile der Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Am 8. Mai erklären Generaloberst Jodl und Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg die bedingungslose Kapitulation der deutschen Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft und beenden damit den Krieg in Europa. Die Engländer besetzen Norddeutschland. Die Militärregierung zieht auch in das Oldesloer Rathaus ein und übernimmt fortan die Amtsgeschäfte.
Die NSDAP wird aufgelöst. Alle ihr angeschlossenen Vereine und Organisationen, damit auch der VfL Oldesloe als Mitglied des NSRL, werden verboten.
Was bleibt, ist Leid und Zerstörung und die Trauer um zahllose gefallene Vereinskameraden des VfL Oldesloe, die ihr oft noch kurzes Leben für den Größenwahn der Weltherrschaft opfern mußten.