Saison 1945/46
Der Neubeginn
Nicht einmal sechs Monate ist es her, da Deutschland kapituliert hat. Der Norden, und damit auch Bad Oldesloe, untersteht der britischen Militärregierung.
Der Alliierte Kontrollrat befiehlt durch die Direktive Nr. 23 die Auflösung des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen (NSRL). Alle deutschen Turn- und Sportverbände sind damit verboten, um „der Verfälschung des Sports als vormilitärische Ertüchtigung“ vorzubeugen. Zugelassen wird lediglich das Bestehen nichtmilitärischer Sportorganisationen örtlichen Charakters.
Am 23. Oktober erlaubt die britische Militärregierung eine konstituierende Sitzung des VfL Oldesloe und beschließt, dass der VfL als einzige Vereinigung in Bad Oldesloe Sport treiben solle.
Der erste Vorstand des VfL Oldesloe besteht aus Helmuth Stamer (1. Vorsitzender), Max Jantzen (2. Vorsitzender), Hans Peter (Schatzmeister), Heinrich Meybaum (Jugendwart), Hans Baumgartner (Schriftführer), Karl Reinhard (Leiter Fußball) und Heinrich Diedrichsen (Leiter Turnen und Handball).
Als Spitzenorganisation aller Sportverbände in der britischen Zone soll der „Nordwestdeutsche Sportbund“ ins Leben gerufen werden. Die Errichtung dieses neuen einheitlichen Sportverbandes wurde auf einer Tagung der Dezernenten und Referenten für Sport bei den Regierungspräsidenten der Provinz Hannover, der Länder Braunschweig und Oldenburg und dem Oberbürgermeister der Hansestadt Bremen in Bremen bekanntgegeben.
Auf dieser Tagung wurden auch die neuen Richtlinien des kürzlich gegründeten Sportverbandes Niedersachsen veröffentlicht. Von besonderer Bedeutung sind die Bestimmungen, dass im Bereich des Sportverbandes Niedersachsen mehrere Vereine nur in mittleren Großstädten bestehen dürfen oder gebildet werden können. Die Gemeinschaften müssen ferner neue Namen tragen. Firmen-, Betriebs- und Behördensportvereine werden zur Aufnahme im Verband nicht zugelassen.
Das Amtliche Verordnungsblatt berichtet am 14. November: „Bad Oldesloe lebt auf. Bad Oldesloe, die Kreisstadt an der Trave, hat durch den Krieg Ende April dieses Jahres noch schwere Wunden erlitten. Heute sind fast alle Straßen wieder instandgesetzt, die Wasserversorgung funktioniert, die Stromversorgung und somit auch die Straßenbeleuchtung ist intakt und zur größten Freude der Hausfrauen liefert sogar das schwer beschädigte Gaswerk seit einigen Tagen für fast alle Häuser wieder Gas. An dem Aufbau der zerstörten Werke und Fabriken sowie landwirtschaftlichen Betrieben wird fleißig gearbeitet. Außerdem ist seit längerer Zeit eine Volksküche, in der schmackhaftes Essen zu bescheidenem Preise und gegen geringe Markenabgabe verabfolgt wird, eingerichtet.
Die beiden Lichtspielhäuser sind bei dem Bombenangriff zwar zerstört worden. Es ist aber gelungen, auch auf andere Weise für Unterhaltung und Entspannung zu sorgen, vor allem dadurch, daß die Landesbühne Schleswig-Holstein verschiedentlich zu Wort kam.
Das sportliche Leben, wie Fußball, blüht ebenfalls wieder auf.
Bad Oldesloe wird bekanntlich im Kreise Stormarn vermöge seiner schönen sportlichen Anlagen die „Sportstadt“ genannt. Auf Veranlassung der Militärregierung wurde das Sportstadion an der Trave ausgebaut, das nun sowohl den Besatzungstruppen wie den einheimischen Sportvereinen zur Verfügung steht.“
Am 25. November tritt der VfL Oldesloe gegen eine Fußballmannschaft der Royal Artillery an. Das Spiel bringt einen klaren 5:1-Sieg für den VfL. Der Reinertrag wird dem Rote Kreuz zugewiesen.
- Dezember: Aufruf an die Bevölkerung der Stadt Bad Oldesloe: „Unsere schöne Stadt Bad Oldesloe ist am 24. April 1945 durch den Luftangriff schwer mitgenommen worden. Eine große Anzahl unserer Bürger und Bürgerinnen wurde unter den Trümmern begraben. Wohnungsnot, verschärft durch Zuzug von Flüchtlingen, macht uns zur unabweisbaren Pflicht, alles zu tun, was in unseren Kräften steht, die Ruinen zu beseitigen und neues, womöglich besseres an ihre Stelle zu setzen. Dazu ist die Mitarbeit aller nötig.
Oldesloe ist arm geworden. Unser größtes Kapital ist unserer Hände Arbeit. Dieses gilt es einzusetzen. Es ist von mir ein Statut über die Leistung von Hand- und Spanndiensten in der Gemeinde Bad Oldesloe nach Anhörung der Gemeindeausschußmitglieder mit Wirkung vom 24. November 1945 in Kraft gesetzt worden. Ich werde zunächst die männlichen Gemeindemitglieder im Alter von 18 bis 50 Jahren zur Mitarbeit oder zu Dienstleistungen heranziehen, gemäß den vom Ratsausschuß gegebenen Richtlinien. Ältere Männer, die mitarbeiten wollen, werden gebeten, sich beim Wiederaufbau der Stadt Bad Oldesloe zu melden. Ich bin mir bewußt, dass es für manche der zum Einsatz herangezogenen Mitbürger eine Härte bedeutet, besonders jetzt im Winter, bei schwerer Arbeit Hand anlegen zu müssen. Selbstverständlich wird nichts Unbilliges verlangt werden.“ Engelschall, Bürgermeister.
Am 6. Januar 1946 wird der Kreisfußballverband Lübeck gegründet, der für die kommende Saison einen Spielbetrieb plant, zu dem auch die Vereine des Umlandes zugelassen werden sollen.
Beim ATV Marli siegt man Anfang 1946 mit 3:1, während man sich dem VfB Lübeck mit 0:4 geschlagen geben muß.
Am 31. März wird der TSV Kücknitz auf heimischem Platz mit 3:2 besiegt.
Die weiteren Spiele gegen Viktoria Lübeck, am 8. April (4:0) und TSV Schlutup (8:1) gewinnt der VfL ebenfalls souverän.
Ostern 1946 führt der VfL Oldesloe eine große Sportwerbeveranstaltung durch, bei dem neben einem Handballturnier für Frauen und Männer, auch Fußball angeboten wird.
Am Ostermontag verlieren die Blau-Weißen zur Überraschung aller Zuschauer gegen LSV Gut Heil deutlich mit 0:4.
„Die Welt“ kommentiert anlässlich dreier Freundschaftsspiele des HSV gegen Schalke 04, den 1. FC Nürnberg und Fortuna Düsseldorf. „Ja es ist ein großer Hunger nach gutem Sport, nach Sport überhaupt im Lande, und, das, will uns scheinen, ist trotz aller Sorgen und Kümmernisse ein Ja zum Leben.“
Am 12. Mai kommt es zu einem Vergleichskampf mit dem ATV Moisling, den sowohl die Herren (3:0), als auch die erstmals wieder spielenden Jungmannen (4:1) siegreich gestalten.
Gegen Phönix Lübeck verliert der VfL am 26. Mai deutlich mit 7:1.
Gegen ATV Marli revanchiert sich die Mannschaft beim 2:1 Sieg dann und schlägt eine Woche später am 16. Juni auch LSV Gut Heil mit 3:0.
Auch die Jungmannen siegen gegen Gut Heil (7:0). Im letzten Spiel um die Lübecker Stadtmeisterschaft unterliegen dann jedoch sowohl die Herrenmannschaft (0:3), als auch die Jungmannen (1:2) gegen Kücknitz.
Pfingsten 1946 beginnt auch eine zweite Mannschaft des VfL wieder mit dem Fußball. Anläßlich eines von ihr durchgeführten Turniers gewinnt der SV Pölitz, vor dem VfL, Union Tornesch und dem Trittauer SV.
Am 3. April 1946 werden die LÜBECKER NACHRICHTEN erstmals wieder zugelassen. Mittwochs und sonnabends wenden sie sich in Unabhängigkeit und Überparteilichkeit an alle Schichten der Bevölkerung.
Mitteilung im Amtlichen Verordnungsblatt, am 18. Mai: „Die Stelle des Platzwartes beim VfL Oldesloe soll hauptamtlich besetzt werden. Bewerber, die unbedingt mit dem Sport und den Oldesloer Verhältnissen vertraut sind, können sich schriftlich unter Angabe der Gehaltsansprüche an die Geschäftsstelle Bad Oldesloe, Hindenburgstraße 51 I, wenden.“
Am 29. Juni berichtet die „LN“ über die Gründung einer Interessengemeinschaft des norddeutschen Fußballsports zur Schaffung einheitlicher Spielregeln und Durchführung von Verbandsmeisterschaften.
Der Bundestag des Turn- und Sportbundes der Hansestadt Lübeck beschließt am 3. April, dass im demokratischen Staate der Sport nicht in bürgerliche und Arbeiter-Sportvereine getrennt werden dürfe. „Alle Sportler sollen von dem gleichen Ideal erfüllt sein, im Sport die Freude am Leben und die Gesunderhaltung des Körpers zu erblicken.“