Saison 1961/62
Die Neuentdeckung des Jahres: Harry Struppek
Rudi Herzog, mittlerweile auch in der Funktion des Ligaobmanns, beklagt auf einer Arbeitstagung, gemeinsam mit seinen Mitstreitern der Amateurliga, die Einführung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), das sich zum Ziel gesetzt hat, ausgerechnet am Wochenende Sport als Schwerpunkt ins Programm aufzunehmen.
Vor dem Hintergrund der ohnehin schon schwindenden Zuschauerzahlen versuchen einige Vereine, insbesondere in Kiel, Neumünster und Lübeck, wo am Sonntagnachmittag ja auch die Oberliga-Klubs angesetzt werden, durch Samstagsspiele dem Abwanderungstrend entgegenzuwirken.
Der VfL bleibt aber vorerst beim Sonntagnachmittag.
Trainer Artur Jantz sieht eine der schwersten Spielzeiten auf seine Mannschaft zukommen, sind doch mit Phönix und VfB Lübeck, dem Heider SV, Friedrichsort und den großen drei Kieler KIubs Vereine in der Liga, deren Namen die Gegner schon mit zitternden Knien auflaufen lassen.
Mit Bertold Clasen (VfL Schwartau), Harry Struppek (der Ende letzter Saison vom Post SV Oldesloe in die 2. Herren kam) und dem Jungmannenspieler Harald Gniechwitz, halten sich die Verstärkungen des VfL zudem in Grenzen. Doch Clasen und Struppek erweisen sich als echte Glücksgriffe.
Beim 2:1-Sieg in Flensburg, im zweiten Spiel sind Clasen und Bliebenich mit ihren Toren die Matchwinner. Dann beginnt der Lauf des Harry Struppek, der beide Tore beim 2:1-Sieg gegen VfB Kiel beisteuert. Nach fünf Spielen steht der VfL mit 9:1 Punkten schon auf Platz drei der Amateurliga.
Nun gelingt der Spartenleitung ein weiterer Coup. Gerd Heitmann wird vom FC St. Pauli an die Trave geholt und bildet die ideale Ergänzung zu Linksaußen Struppek. „Heitmann“, so schreibt die Presse, „ist der Dirigent, Struppek der Vollstrecker.“ Wie gut die beiden harmonieren, zeigen die nächsten Spiele: 4:0 bei Gut Heil Neumünster, 3:0 gegen Schleswig 06, 6:0 gar beim gefürchteten SV Friedrichsort. Zu diesem Sieg trägt Harry Struppek mit seinen Toren vier, fünf und sechs sogar einen Hattrick bei.
Selbst Kilia Kiel wird zum ersten Mal auf eigenem Platz vom VfL bezwungen. Von den 3.500 Zuschauern in Kiel kommen 1.000 aus Oldesloe, und wer ist Torschütze des 1:0-Siegtreffers? Genau...
Vor 5.000 Zuschauern bezwingt die Jantz-Elf dann am 5. November sogar den Heider SV und übernimmt Platz eins der Tabelle.
Das Spiel sorgt für so viel Furore im Vorfeld, dass der NDR sogar Günter Maletzko ins Travestadion entsendet um „live“ zu berichten.
Auch beim 2:0 gegen TuS Lübeck heißt es vor 3.000 Zuschauern: „Zweimal Struppek“ und trotz einer Niederlage gegen Phönix am 19. November (0:2) wird der VfL Oldesloe verdienter Herbstmeister.
Nun aber reißt die Serie des noch jungen Teams. Drei Niederlagen in Folge sorgen für ein Abrutschen auf Platz drei. Dem Zuschauerinteresse tut dies aber keinen Abbruch und so finden sich am 28.Januar 6.500 Zuschauer auf der Lohmühle ein, die den 2:1-Sieg des VfL Oldesloe gegen einen keineswegs schlechten VfB Lübeck sehen.
Mitte Februar sorgt eine plötzlich über Norddeutschland hereinbrechende Sturmflut für Spielabsagen, da hunderte Todesopfer an der Westküste und in Hamburg zu beklagen sind.
Erst im März wird wieder Fußball gespielt. Der VfL kann zwar nicht mehr an die alte Form anknüpfen, holt sich aber noch sieben Punkte aus den letzten acht Spielen und stellt mit Harry Struppek den Torschützenkönig der Saison (25 Tore). Die Konkurrenz konnte sich den VfL Oldesloe zwar noch einmal vom Leib halten, ist aber gewarnt und wird in Zukunft respektvoller in die Spiele gehen.
Anlässlich des Vereinsjubiläums erfreut der VfL seine Fans zum Saisonabschluss am 20. Mai noch einmal mit einem besonderen Leckerbissen. Vor 3.000 begeisterten Zuschauern erreicht die Liga ein 1:1 gegen den Norddeutschen Meister Hamburger SV, der allerdings ohne die Nationalspieler Seeler, Werner und Kurbjuhn antreten muss, da diese bereits in Chile weilen, wo in Kürze die Weltmeisterschaft beginnt.
Während die Ligamannschaft im wunderschönen Travestadion spielt, sieht es für die restlichen Mannschaften im VfL nicht so rosig aus.
Die 2. Herren, die in der Kreisliga den fünften Platz erreicht und die 3. Herrenmannschaft, die als Vorletzter der A-Klasse wieder absteigen muss, teilen sich die Plätze auf dem Exer nicht nur mit den mittlerweile elf Jugendmannschaften, sondern auch mit Jahrmarkt, Tierschauen und sonstigen Veranstaltungen, die die Sportplätze kaum mehr als solche erkennen lassen.
Steine, Trampelpfade und Hinterlassenschaften aller Art machen das Fußballspielen zu einer Gefahr für die Gesundheit.
Die Lübecker Nachrichten titeln bereits: „In Oldesloe kann Fußball bald nur noch an der Theke gespielt werden“.
Da die Stadt kaum Handlungsbedarf sieht, ist es zunächst die Fußballsparte, die der Jugend mitteilt, dass die Mannschaften vom Spielbetrieb zurückgezogen werden.
Anschließend sperrt der Kreisfußballverband Stormarn den Exer für jeglichen Spielbetrieb. Um der Situation Herr zu werden, erklärt die Stadt Bad Oldesloe, am Wendum einen Schulsportplatz bauen zu wollen, der neben der Klaus-Groth-Schule auch dem Fußball zur Verfügung stehen soll.
Trotz der widrigen Bedingungen wird die Jungmannenmannschaft des VfL Oldesloe einmal mehr Kreismeister.
Auf der Spartenversammlung am 19. Januar wird Rudi Herzog erneut zum Leiter der Fußballsparte gewählt. Nachfolger von Jugendobmann Heinz Richter wird Günter Rust.
Zum 100-jährigen Bestehen des VfL Oldesloe erscheint eine Chronik, die ihresgleichen sucht. Walter Busch hat sie mit viel Liebe geschrieben und dabei festgestellt, dass der Verein eigentlich schon ein Jahr älter ist.
Der Fußball feiert in diesem Jahr ebenfalls ein kleines Jubiläum – er wird 60 Jahre alt.